Das Foto zum Wochenende und seine Geschichte

Inne halten… Die Zeiten ändern sich. Da, wo in der Heimatgemeinde meiner Kindheit drei Kapläne und ein Dechant ihren Dienst versahen, da wo es täglich Gottesdienste und sonntags gar drei gab, ist die Gemeinde arg geschrumpft und das Personal zurückgefahren worden. Katholischer Priester ist ja auch heute kein Traumberuf mehr. Gemeinden werden zusammengelegt, wollen aber nicht zusammenwachsen. Messen werden seltener zelebriert und die meisten sind auch nicht mehr gut besucht. Und wenn der heimische geistliche Nachwuchs gar nicht mehr in Sicht ist, kommt ein freundlich lächelnder Inder und beginnt den Gottesdienst mit den Worten: »Isse begrüsse Sie meine liebe Brüdder und Swester.«

Ich weiß, für dieses Zitat werde ich mich irgendwann einmal verantworten müssen, möchte aber betonen, dass es erstens genau diese Worte waren, die ich bei meinem letzten Kirchgang gehört habe und zweitens mich heimlich sogar freute über die Missionierung mit umgekehrten Vorzeichen. Waren es vor anderthalb Generationen noch europäische Missionare, die dem dritten Teil der Welt von der Frohen Botschaft berichten, sind es heute genau diese Menschen, die nach Europa kommen und uns Glaubensnachhilfe geben.

In Werden scheint das anders zu sein. Heute Morgen auf dem Weg ins Büro, war die Hauptstraße gesperrt, weil die Gemeinde in einer langen Prozession ihren heiligen Ludgerus durch den Ort trug. Eine ganze Viertelstunde stand ich vor einem Schutzmann mit ausgestreckten Armen. Hunderte und aberhunderte Gläubige zogen an mir vorbei und drängten in die prachtvolle Ludgerusbasilika.

Ich halte mich besonders gern in Kirchen auf, denen jeder Pomp fehlt. Außerdem bevorzuge ich Tageszeiten an denen die Chance besteht, dass ich dort alleine bin.

Meinen Weg in die Bretagne begann ich früh an einem Morgen im Juni. Gleich eine Stunde hinter Morlaix kam ich in ein Dorf, die kleine Kirche stand offen, ich ging hinein. Meinen Rucksack stellte ich in eine Ecke, er würde sicherlich auch gleich noch dort stehen. Dann setzte ich mich in eine Bank und nahm mir Zeit, zur Ruhe zu kommen. Nach einigen Minuten kam der Küster, ein kleiner gebeugter Mann. Seine Aufgabe war es wohl, den Gottesdienst vorzubereiten. Er verbeugte sich vor dem Altar, bekreuzigte sich und begann mit seiner Arbeit. Das Sitzkissen für den Pastor wurde aufgeschüttelt, die Schellenringe für die Ministranten an ihren Platz gelegt. Den Blumenschmuck überprüfte er und dann – dann zündete er eine Kerze nach der anderen an. In der kleinen Kirche erstrahlte nach und nach ein leiser Glanz.

Als die ersten Messbesucher kamen, verließ ich so leise die Kirche, wie ich gekommen war. Es war ein beseelter Auftakt meiner langen Wanderung. An diesem Tag – das war mir klar – konnte nichts mehr meine Laune trüben.