Mein Dezember, Teil 30

Alternative

Ich vergesse immer sehr schnell. Wenn ich nach anstrengenden Tagen im Dezember ein paar Tage ausspannen möchte, zieht es mich oft dorthin, wo ich bereits einen Teil meiner Kindheit verbracht habe. Ich fahre zur westfriesischen Insel Ameland. Dort freue ich mich dann auf einen besinnlich-beschaulichen Jahresausklang mit Freunden und einem guten Essen am Abend abseits der bundesdeutschen Böllerei.


Bin ich aber erst einmal da, fallen mir all die Dinge ein, die ich doch jedes Jahr aufs Neue erfolgreich verdrängt hatte.
Ameländer Jugendliche beginnen bereits am Sylvestermorgen mit der Knallerei und lassen den ganzen Tag über nicht nach, spät am Abend errichten sie sogar brennende Barrikaden auf den kleinen Dorfkreuzungen um den Autofahrern das Leben schwer zu machen. Und auf gutes Essen kann man lange warten, ist dem Ameländer an einem Tag wie Sylvester die Familie sehr wichtig, was bedeutet, die allerallermeisten Restaurants und Kneipen haben schlicht geschlossen. Doch einmal hatten wir Glück. Durch hartnäckiges Nachfragen erhaschten wir einen Tisch im Restaurant Griffel für viertel vor acht. Hungrig erschienen wir pünktlich, nur um von der hübschen Kellnerin zu hören, wir mögen doch bitte ganz schnell bestellen, wenn wir noch etwas Essen möchten, das Restaurant schließe nämlich um acht…

Deshalb entschwinde ich in diesem Jahr Richtung Süden. In dem kleinen Ort Eibelstadt nahe Würzburg steht ein kleines Hotel auf den Grundmauern eines 400-Jahre alten Hofes. Dort versprach man uns ein ruhiges Zimmer, ein anständiges Essen und Sitzen bis zum frühen Morgen. Was will man mehr.
ts